6.2 Die Anwendung der Regel von Hamilton
Intuitiv leuchtet Hamiltons Regel ein: Viele Menschen wären eher bereit, auf eigene Kosten einem nahen Verwandten zu helfen als einer völlig fremden Person. In der wissenschaftlichen Diskussion wird jedoch zunehmend Kritik an der Regel laut. Dies insbesondere, weil sie viele Formen von sozialem Verhalten nicht vollständig erklären kann.
Zudem zeigen zahlreiche empirische Studien, dass der Verwandtschaftskoeffizient das kooperative oder altruistische Verhalten bei bestimmten Insektenarten präzise erklären kann, allerdings auch völlig unabhängig von der Regel von Hamilton.
So konnten beispielsweise Hughes und sein Team zeigen, dass die Entstehung sogenannter eusozialer Tiergesellschaften (Tiergesellschaften, in denen sich nur bestimmte Tiere fortpflanzen, während andere kooperativ bei der Brutpflege helfen und selbst keine Nachkommen haben) stark mit der engen Verwandtschaft innerhalb der Gruppe zusammenhängt. Erst durch diese hohe Verwandtschaft war es evolutionär sinnvoll, dass manche Tiere auf eigene Fortpflanzung verzichten. Man spricht dabei daher von einer evolutiv stabilen Strategie.
● Aufgabe 2. Wenn man nun versucht, Hamiltons Regel spezifisch auf ein solches System wie den Bienenstock anzuwenden, kann es sein, dass seine Regel die Situation dort mathematisch genau beschreibt. Was bedeutet dies aber für ein ähnliches System an einem anderen Ort bzw. für ein anderes System? Kann man diese Regel auch dort anwenden, um das Verhalten vorherzusagen?